Klinische Therapie und Behandlung von Schlafstörungen und Schlaflosigkeit

Die klinische (schulmedizinische) Therapie von Schlafstörungen reduziert sich bei den meisten Patienten leider immer noch im wesentlichen auf Medikamente.

Deswegen möchte ich Ihnen im folgenden die wesentlichen Therapieoptionen bei Schlaflosigkeit vorstellen…

Die medikamentösen Therapieoptionen bei Schlafstörungen

Schlaf – ein Drittel unseres Lebens verbringen wir schlafend. Wenn alles gut geht, macht man sich nie Gedanken darüber. Zum Thema wird der Schlaf erst, wenn Schlafstörungen bestehen, die auch die Tagesform und Leistungsbereitschaft beeinträchtigen.

Schlafexperten kennen 80 verschiedene Formen und Ursachen von Schlafstörungen. So vielfältig wie diese, sollten auch die Behandlungsstrategien aussehen.

Ein- und Durchschlafstörungen werden nach folgenden Gesichtspunkten unterschieden:

Es gibt Schlafstörungen, die aufgrund anderer körperlicher Erkrankungen auftreten können (z.B. Schilddrüsenerkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, hormonelle Störungen, Schlaf-Apnoe-Syndrom). Wenn nach eingehender Patientenbefragung mit Erhebung der Krankengeschichte (=Anamnese) und einer körperlichen ggf. neurologischen Untersuchung dieser Schluss gezogen wird, muss zuerst die zugrundeliegende Krankheit behandelt werden.

Auch die Schlafstörungen aufgrund von psychiatrischen Erkrankungen (z.B. Depressionen, Angststörungen, Demenz) kommen oft vor. Hier gilt auch zunächst eine Behandlung der Grunderkrankung, die meist durch spezielle Maßnahmen zur Schlafschulung ergänzt werden sollte.

Bei chronischen körperlichen oder psychiatrischen Erkrankungen können aber auch durchaus Schlafmittel in Betracht gezogen werden.

Ursachenbekämpfung (siehe auch: Schlafstörung Ursachen), ist auch bei den durch Umwelteinflüsse bedingten Schlafstörungen (z.B. Fluglärm, Licht, schnarchender Partner) und den Schlafstörungen aufgrund von Medikamenten-, Drogen- oder Alkoholeinnahme angezeigt. Hier ist auch der Kaffee nicht zu vergessen, den man vor dem zu Bett gehen vermeiden sollte.

Belastende Lebenssituationen (z.B. Prüfungen, Todesfall, finanzielle Probleme) können auch zu akuten Schlafstörungen führen. Diese klingen meist mit Nachlassen der belastenden Situation ab. Allerdings kann solch eine akute Schlafstörung auch in eine chronische übergehen.

Grundsätzlich sollte man bei Schlafstörungen auf eine gute „Schlafhygiene“ achten. Das bedeutet z.B. vor dem zu Bett gehen, keinen Sport mehr zu treiben, in etwa immer gleiche Aufstehzeiten einzuhalten, kein zu langer Mittagsschlaf, kein Einschlafen vor dem Fernseher. Mehr dazu lesen Sie unter: Alternative Schlafmittel und Therapien.

Primäre Schlafstörungen

Wenn man keine fassbare Ursache für die Schlafstörung gefunden hat, spricht man von einer primären Schlafstörung.

Diese kann man mit unterschiedlichen Präparaten behandeln. Wichtig hierbei ist immer, dass parallel Schulungen und Maßnahmen zur Verbesserung der Schlafhygiene durchgeführt werden.
Die Phytotherapie mit Baldrian, Hopfen, Johanniskraut und anderen, kann einen schlafanstoßenden Effekt haben. Die beruhigende Wirkung kann bei akuten Schlafstörungen, wie z.B. vor einer Prüfung, helfen, wird aber kaum gegen chronische Schlafstörungen ankommen.

Wenn die Schlafstörung einen hohen Leidensdruck erzeugt, kann man mit synthetischen Schlafmitteln gezielt, kontrolliert und vor allen Dingen über einen begrenzten Zeitraum Linderung schaffen.
Der Arzt wird hier aufgrund von Ursache, Art der Schlafstörung, Alter des Patienten, bisheriger Medikation und unter Berücksichtigung der Nebenerkrankungen ein geeigentes Präparat verordnen.

Die am häufigsten verwendeten Schlafmittel sind die Benzodiazepine (Handelsnamen z.B. Dormicum, Tranxilium, Valium). Sie besitzen ein breites Wirkungsspektrum: sie wirken beruhigend, entspannen die Muskeln, lösen Ängste und Krämpfe und vermindern Aggressionen. Je nach Präparat gibt es einen anderen Wirkungsschwerpunkt. Durch die große therapeutische Breite (=sicherer Medikamentenspiegel im Körper zwischen therapeutischer und toxischer Wirkung) ist ein (versehentlicher) Selbstmord mit Monopräparaten nahezu unmöglich.

Allerdings reagiert der Körper schon nach wenigen Wochen Dauergabe mit einer Toleranzentwicklung, die die Wirkung abschwächt. Die unterschiedlichen Präparate werden im Körper unterschiedlich lang abgebaut und haben demzufolge eine unterschiedliche Wirkdauer. Für Einschlafstörungen strebt man deshalb einen schnellen Wirkungseintritt mit kurzer Wirkdauer an (Handelsnamen z.B. Halcion, Lendormin). Mittellang wirksame Benzodiazepine werden bei Ein- und Durchschlafstörungen verordnet (Handelsnamen z.B. Noctamid, Planum). Für reine Durchschlafstörungen wird eine längere Wirkdauer angestrebt (Handelsnamen z.B. Valium, Multum, Tranxilium).

Nachteil der kurzwirksamen Benzodiazepine ist das eventuelle frühmorgendliche Erwachen, weil die Wirkung bereits vorbei ist. Mittellang und lang wirkende Benzodiazepine können einen Überhang der Wirkung auch am Tage haben. Außerdem können Benzodiazepine die Schlafstadien beeinflussen (sie verkürzen u.a. den Tiefschlaf). Das kann u.U. die Erholsamkeit des Schlafs beeinträchtigen.

Wichtig ist, dass Benzodiazepine auch bei therapeutischer Dosierung zur Abhängigkeit führen können. Durch Ausschleichen der Dosis anstatt des plötzlichen Absetzens kann die Entzugsgefahr verringert werden.

Die Nicht-Benzodiazepine (Handelsname z.B. Stilnox, Ximovan) sind zwar chemisch keine Benzodiazepine, wirken aber im Körper am gleichen Rezeptorkomplex. Da bei ihnen der Gewöhnungseffekt mit der Gefahr der Abhängigkeit geringer ausgeprägt sein soll, werden sie gern zur Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen verordnet.

Bei beiden Wirkstoffgruppen gilt, dass aufgrund der muskelentspannenden Wirkung, die Gefahr von nächtlichen Stürzen z.B. beim Toilettengang gerade für ältere Patienten erhöht ist.

Auch ohne zugrundeliegende Depression können zur Behandlung von Schlafstörungen Antidepressiva (Handelsnamen z.B. Saroten, Equilibrin, Stangyl) eingesetzt werden. Bestimmte Antidepressiva haben neben ihrer stimmungsaufhellenden Wirkung auch eine beruhigende, dämpfende Komponente. Der Vorteil der Antidepressiva ist das geringere Abhängigkeitspotential.

Sie werden deshalb oft zur Behandlung von längerdauernden Schlafstörungen verschrieben. Außerdem ist durch die fehlende muskelentspannende Wirkung die Sturzgefahr vermindert. Nachteile sind eine deutlich höhere Nebenwirkungszahl als bei den Benzodiazepinen und die lange Wirkungsdauer, die tagsüber als störend empfunden werden kann. Die Möglichkeit, dass das Antidepressivum selbst Schlafstörungen auslöst, ist genauso gegeben wie eine (versehentliche) Überdosierung mit Todesfolge.

Vereinzelt werden auch niedrigpotente Neuroleptika zur Behandlung von Schlafstörungen eingesetzt. Diese Arzneimittelgruppe wird allgemein zur Behandlung von Psychosen und akuten Unruhe- und Erregungszuständen eingesetzt.

Neben der antipsychotischen Wirkung gibt es bei den schwachen Neuroleptika auch solche mit einer beruhigenden Wirkung (Handelsname z.B. Eunerpan). Die Langzeitwirkung als Schlafmittel ist bei den Neuroleptika noch nicht erforscht, deshalb werden sie auch nur in Ausnahmefällen eingesetzt, wenn beispielsweise eine Abhängigkeit von Benzodiazepinen und/oder Antidepressiva besteht.

Bei leichten nicht chronischen Schlafstörungen gibt es die Möglichkeit diese mit sogenannten Antihistaminika (Handelsname z.B. Vivinox) zu behandeln. Sie gelten als die einzigen rezeptfreien Schlafmittel. Diese Substanzen werden normalerweise zur Behandlung von Allergien eingesetzt.

Die dämpfende Wirkung gilt bei diesen Präparaten eher als Nebenwirkung, die lange, auch tagsüber andauernde, Wirkung kann die Lebensqualität u.U. stark beeinträchtigen (z.B. eingeschränkte Verkehrstüchtigkeit).

Ältere Schlafmittel wie Barbiturate und Chloralhydrat haben in der modernen Therapie der Schlafstörungen an Bedeutung verloren.