Es dürfte kein großes Geheimnis sein, dass Schlaf die Zeit des Tages ist, in dem sich der Organismus regeneriert. Und das gilt natürlich auch für das Immunsystem.

Schlaf und Infektionsanfälligkeit

Oder mit anderen Worten: Schlechter Schlaf = schlechtes Immunsystem?

Dieser Frage ging eine Studie aus dem Jahr 2012 nach.[1] Hier wurden bei 15 gesunden, männlichen Teilnehmern mit einem Durchschnittsalter von knapp 24 Jahren ein Schlafentzug erzeugt und dann geschaut, wie sich Blutzellbestandteile unter einem normalen und einem durch Schlafentzug gekennzeichneten Tagesrhythmus entwickelten.

Es zeigte sich, dass die meisten Blutzellkomponenten einem Rhythmus unterlagen, der durch Schlafentzug wenig beeinflusst wurde. Aber es gab eine Ausnahme, und das waren Granulozyten. Hier zeigte sich eine signifikante Störung des Rhythmus, nachdem die Teilnehmer für den Zeitraum von 29 Stunden wach bleiben mussten.

Daher schlossen die Autoren: Der Granulozytenspiegel und die Tagesrhythmik werden durch akuten Schlafentzug direkt beeinflusst; diese Veränderungen spiegeln die unmittelbare Immunreaktion des Körpers auf Stress wider.

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Zum Thema Granulozyten und wofür sie gut sind, hatte ich diesen Beitrag veröffentlicht:

Sie sind Teil der unspezifischen Immunabwehr, also „first line of defense“. Eine Störung der Effektivität der verschiedenen Typen der Granulozyten (neutrophile, eosinophile, basophile Granulozyten) heißt, dass das Immunsystem auf einen wichtigen Abwehrmechanismus verzichten muss, was die Infektionsanfälligkeit nur heraufsetzen kann.

Das gleiche Bild ergibt sich typischerweise, wenn man krank wird oder gestresst ist. Das Immunsystem muss dann erst mal mit einer vermehrten Produktion von weißen Blutzellen reagieren, um bei zum Beispiel einer Infektion entsprechende Abwehrmaßnahmen einzuleiten. Und Grund für die Infektion können daher Schlafstörungen sein, die die Funktionsweise der Granulozyten beeinträchtigen.

Im Februar 2019 zeigten Forscher der Universität Tübingen, warum Schlaf Infektionen bekämpfen kann.[2]

Hier stehen die T-Zellen im Vordergrund der Untersuchungen. Die Autoren fanden heraus, dass die T-Zellen von schlafenden Teilnehmern höhere Konzentrationen von Integrin-Aktivierung aufwiesen als die T-Zellen von Teilnehmern mit Schlafentzug.

Welche Rolle spielt Integrin im Immunsystem?

Integrine sind Transmembranproteine und kommen in allen tierischen Zellen mit Ausnahme der Erythrozyten vor. Sie haben verschiedene Funktionen, unter anderem sind sie für die Signalübermittlung zwischen Zellen und deren Umgebung zuständig.

Wenn T-Zellen ein bestimmtes Ziel erkennen, z. B. eine Zelle, die mit einem Virus infiziert ist, aktivieren sie diese „klebrigen Proteine“, die Integrine, die es ihnen ermöglichen, sich an ihr Ziel zu heften und es – im Falle einer virusinfizierten Zelle – abzutöten.

Das heißt für die Infektionsabwehr, dass eine unzureichende Aktivierung der Integrine die Anheftung der T-Zellen an die Rezeptoren der virusinfizierten Zelle verhindert, was wiederum die Eliminierung dieser Zellen verhindert. Auf diese Art und Weise bleiben die Produktionsstätten der Viren funktionstüchtig und garantieren, dass die Viren sich vermehren und damit die Infektion verschlimmern können.

Weiter zeigten die Autoren, dass Adrenalin und Prostaglandine, deren Konzentrationen während des Schlafes abfallen, ebenfalls in der Lage sind, die Aktivierung von Integrin zu beeinträchtigen.

Schlaf und Krebserkrankungen

In besagter Veröffentlichung wird auch die Rolle der Integrine im Zusammenhang mit Krebserkrankungen in Augenschein genommen. Denn auch bei Krebserkrankungen scheint die Hemmung der Aktivierung der Integrine eine nicht zu unterschätzende Rolle zu spielen.

Es ist bekannt, dass sich das Tumorwachstum unter Schlafentzug erhöht. Denn man ist lange Zeit davon ausgegangen, dass dies mit der Unterdrückung der Melatonin-Produktion zu tun haben könnte:

Melatonin ist in der Tat eine Substanz, mit der sich das Risiko für Krebserkrankungen deutlich senken lässt, wie zum Beispiel eine Arbeit von 2009 hat zeigen können.[3]

Wir haben es hier also bereits mit zwei Mechanismen zu tun, wo der Schlaf für die Verhinderung von Krebserkrankungen relevant zu sein scheint:

  • Senkung von Adrenalin und Prostaglandinen, was die Aktivierung der Integrine erlaubt und somit den T-Zellen die Möglichkeit gibt, nicht nur virusbefallene Körperzellen, sondern auch maligne Körperzellen/Tumorzellen zu attackieren und zu eliminieren.
  • Die direkte krebsverhindernde Wirksamkeit von Melatonin, sowie die Vermeidung einer durch Schlafstörungen bedingten vermehrten Produktion von krebsfördernden Zytokinen.

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Schlaf, Stress und Immunfunktion

Andere Forschungsarbeiten haben ebenfalls gezeigt, wie eng und direkt der Zusammenhang zwischen Schlaf und Immunfunktion ist. So wurde in einer Studie[4] aus dem Jahr 1998 festgestellt, dass Menschen, die eher während des ersten Schlafzyklus aufwachen, auch tendenziell niedrigere Werte an natürlichen Killerzellen (NKZ) aufweisen.

Insgesamt war das Alter des Patienten die größte Determinante für den NKZ-Spiegel, aber Schlafstörungen waren für etwa 12 % der Varianz im NKZ-Spiegel verantwortlich.

Es ist bekannt, dass Stress die Funktion des Immunsystems beeinträchtigt, und es wurde festgestellt, dass er die Anfälligkeit für Erkältungen erhöht und die Wundheilung verlangsamt. Schlafmangel ist ein Stressor, der die Ausschüttung von Stresshormonen verursacht, und diese Studie gilt als eine der ersten, die einen direkten Zusammenhang zwischen Schlaf und der Beziehung zwischen Stress und Immunsystem beim Menschen nachweist.

Andere Forschungsergebnisse[5] deuten darauf hin, dass Tiefschlaf das immunologische Gedächtnis für bereits aufgetretene Krankheitserreger stärkt. Auf diese Weise ist das Immunsystem in der Lage, viel schneller und effektiver zu reagieren, wenn es ein zweites Mal mit einem Antigen konfrontiert wird.

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Weitere mögliche Konsequenzen bei nicht ausreichendem Schlaf

In Anbetracht der Schlüsselrolle, die der Schlaf für die Immunfunktion spielt, ist es leicht zu erkennen, wie sich schlechter Schlaf auf eine Vielzahl von Gesundheitszuständen auswirken kann. Aber das ist noch nicht alles. Schlaf wirkt sich auch auf die Genexpression, die Hormonregulation und die Entgiftung des Gehirns aus, um nur einige Beispiele zu nennen, was seine Bedeutung noch unterstreicht.

Neben der Beeinträchtigung der Immunfunktion, die Sie anfälliger für Infektionen und Krebs macht, gibt es weitere Gesundheitsprobleme, die mit unzureichendem Schlaf in Verbindung gebracht werden, aber nicht darauf beschränkt sind:

  • Erhöhtes Risiko für neurologische Probleme, die von Depressionen bis hin zu Demenz und Alzheimer[6] reichen – Die Blut-Hirn-Schranke wird mit zunehmendem Alter durchlässiger, so dass mehr Giftstoffe eindringen können.[7] In Verbindung mit einer verminderten Effizienz des glymphatischen Systems aufgrund von Schlafmangel führt dies zu einer schnelleren Schädigung des Gehirns, und es wird angenommen, dass diese Verschlechterung eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Alzheimer spielt.[8] [9]
  • Erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes – In einer Studie erhöhte „übermäßige Tagesschläfrigkeit“ das Risiko für Typ-2-Diabetes um 56 %.[10]
  • Erhöhtes Risiko für Fettleibigkeit.
  • Erhöhtes Risiko für Bluthochdruck, Herzinfarkte und Herz-Kreislauf-Erkrankungen – Untersuchungen haben gezeigt, dass Frauen, die weniger als vier Stunden pro Nacht schlafen, ein doppelt so hohes Risiko haben, an einer Herzerkrankung zu sterben.[11] In einer anderen Studie[12] hatten Erwachsene, die weniger als fünf Stunden pro Nacht schliefen, 50 % größere Koronararterienverkalkung, ein Anzeichen für eine bevorstehende Herzerkrankung, als diejenigen, die regelmäßig sieben Stunden schliefen.
  • Erhöhtes Risiko für Osteoporose.
  • Erhöhtes Risiko für Schmerzen und schmerzbedingte Erkrankungen wie Fibromyalgie – In einer Studie war schlechter oder unzureichender Schlaf der stärkste Aussagefaktor für Schmerzen bei Erwachsenen über 50.[13]
  • Erhöhte Anfälligkeit für Magengeschwüre.
  • Beeinträchtigung der sexuellen Funktion.[14]
  • Erhöhtes Risiko für Depressionen und Angstzustände (einschließlich posttraumatischer Belastungsstörungen), Schizophrenie und Selbstmord – Tatsächlich haben Forscher keine einzige psychiatrische Erkrankung gefunden, bei der der Schlaf der Betroffenen normal war.
  • Vorzeitige Alterung durch Beeinträchtigung der Wachstumshormonproduktion, die normalerweise von der Hypophyse im Tiefschlaf ausgeschüttet wird.
  • Erhöhtes Risiko, an einer beliebigen Ursache zu sterben[15] – Im Vergleich zu Menschen ohne Schlaflosigkeit war das bereinigte Risikoverhältnis für die Gesamtmortalität bei Menschen mit chronischer Schlaflosigkeit um 300 % höher.

Fazit

Es scheint sich außerordentlich zu lohnen, ausreichend viel und gut zu schlafen. Oder mit anderen Worten: Wer gut und ausreichend schläft, hat mehr vom Leben.

Zum Weiterlesen hier einige wichtige Beiträge von mir:

Wenig diskutiert, aber dennoch relevant ist die Schlafstörung durch die „Zeitumstellung“:

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Quellen:

Dieser Beitrag wurde am 13.05.2024 erstellt.